Sportsucht – wenn Training zum Zwang wird

Wenn viel Sport zu viel ist und mehr schadet als der Gesundheit nützt.
Sportsucht

Sport ist unbestritten gesund. Regelmässige Bewegung senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hirnschlag oder gar Krebs. Doch immer mehr Sportler übertreiben es mit dem Training, sind regelrecht sportsüchtig. Sportsucht wird dann zum Thema, wenn jemand so viel Sport treibt, dass dies negative Auswirkungen auf die physische und insbesondere auch psychische Gesundheit hat. Zwanghaftes Training beeinträchtigt oft auch weitere Aspekte des Lebens. Häufig tritt Sportsucht zusammen mit Essstörungen auf. In der Schweiz sind schätzungsweise ca. 5% der Ausdauersportler suchtgefährdet. Die Dunkelziffer ist aber hoch, da Betroffene oft nicht merken, dass sie ein Problem haben.

Wie erkennen Sie zwanghaftes Training?

Viel Sport zu machen heisst nicht zwangsläufig an Sportsucht zu leiden. Jedoch ist der Grat vom Spitzensport zur Sportsucht teilweise ein sehr schmaler. Das übermassige und meist unkontrollierbare Bedürfnis sich zu bewegen, kann negative Folgen haben. Sportsüchtige trainieren auch bei Verletzungen oder Krankheiten weiter und gönnen Ihrem Körper keine Pausen. Dies führt häufig zu chronischen oder irreparablen Schäden an Gelenken, Bändern, Sehnen oder gar Knochen.

Anhand dieser Punkte erkennen Sie zwanghaftes Training:

  • Sie trainieren exzessive trotz Verletzung, Krankheit, Müdigkeit oder ungeeigneter Wetterbedingungen und gönnen Ihrem Körper keine Regeneration
  • Sie müssen auch spätabends noch Sport machen, bevor Sie schlafen können
  • Sie sind ohne Training reizbar, verzweifelt oder haben Schuldgefühle
  • Einfach nur „zu sein“/“zu entspannen“ stresst Sie und Sie fühlen sich unwohl
  • Sie machen Sport, damit Sie nachher Kalorien z.B. in Form von Kohlenhydraten oder Süssem zu sich nehmen können oder um Kalorien abzutrainieren
  • Sie versuchen vor anderen zu verbergen, wie oft Sie Sport treiben
  • Sie haben beim Sport oft das Gefühl nicht gut genug zu sein
  • Ihr Trainingsprogramm hat Vorrang vor allen anderen Aktivitäten oder wichtigen Ereignissen
  • Sie ziehen sich von Freunden und der Familie zurück und vernachlässigen soziale Kontakte

Besonders betroffen von Sportsucht sind Personen, die gleichzeitig folgende Merkmale aufweisen:

  • Essstörungen
  • Perfektionismus
  • Neurotizismus
  • Narzissmus
  • Andere zwanghafte Züge

Oft gehen die oben genannten Merkmalen mit einer Sportsucht einher.

Sportsucht und Essstörungen

Ein sehr häufig auftretendes Merkmal im Zusammenhang mit Sportsucht sind Essstörungen. Ca. 50% der Menschen, die zwanghaft trainieren, haben auch eine Essstörung. Sportler werden oft mit ihrem Körpergewicht und ihrer Körperform konfrontiert. Zudem bestehen hohe Anforderungen an Training und Erfolgsdruck was in psychischem und/oder physischem Stress resultieren kann. Die Ernährung wird komplett auf das Sportprogramm ausgelegt. Oft wird Sport gemacht, damit man sich danach z.B. ein Stück Schokolade gönnen darf ohne sich dabei schlecht zu fühlen.

Folgende Komplikationen treten bei Sportsucht im Zusammenhang mit Essstörungen häufig auf:

  • Übelkeit, Erbrechen oder Magenschmerzen
  • Verstopfungen
  • Herz-Kreislauf-Probleme
  • Infektionen
  • Störung des Elektrolythaushalts
  • Schwindelgefühl bis hin zur Ohnmacht
  • Anämie

Weitere gesundheitliche Risiken von Sportsucht

Bei zwanghaftem Training können weitere gesundheitliche Risiken oder Folgeschäden einer Überbelastung auftreten:

  • Energiemangel, Müdigkeit oder Trägheit im Sport oder Alltag, sofern der Körper zu wenig Energie erhält
  • Häufiger oder anhaltender Muskelkater
  • Chronische Gelenk- und Knochenschmerzen, z.T. durch Entzündungen verursacht
  • Zunahme von Verletzungen oder Stressfrakturen
  • Osteoporose (Verlust der Knochendichte)
  • Veränderte Herzfrequenz im Ruhezustand
  • Geschwächtes Immunsystem und dadurch häufigeres Auftreten von Krankheiten, sowie vermehrt Infektionen der oberen Atemwege

Behandlungsmethoden

Suchterkrankungen sind in der Regel therapierbar. Der Prozess ist aber oft lange und komplex. Erschwerend kommt hinzu, dass Sportsucht offiziell (noch) nicht als Erkrankung oder Störung gilt. Aus diesem Grund gibt es nur wenige wissenschaftliche Belege für wirksame Behandlungsmethoden.

Eine erfolgreiche Behandlung von Sportsucht hilft den Betroffenen den Sport auf ein normaleres Mass zu reduzieren und das Risiko von Verletzungen durch Übertraining zu minimieren. Des Weiteren werden Auslöser für die Sucht eruiert und mittels kognitiver Verhaltenstherapie positive Denk- und Verhaltensmuster entwickelt. Dies geschieht in der Regel mittels einer Psychotherapie. In einigen Fällen muss zusätzlich auf eine medikamentöse Behandlung zurückgegriffen werden.

Wie Sie als Angehörige helfen können

Wenn Sie den Verdacht haben, dass jemand in ihrem Umfeld an Sportsucht leidet, nehmen Sie Kontakt mit der Person auf. Suchen Sie einen ruhigen, neutralen Ort und führen Sie ein Gespräch. Das Gespräch können Sie z.B. nach diesen Punkten strukturieren:

  • Erzählen Sie welches Verhalten Sie beim Gegenüber beobachtet haben. Wichtig: Verwenden Sie dabei die Ich-Form.
  • Bleiben Sie ruhig aber bestimmt, seien Sie empathisch
  • Stellen Sie keine Ultimaten
  • Bieten Sie nicht zig einfache Lösungen an, weisen Sie eher auf Behandlungsmöglichkeiten hin
  • Ermutigen Sie ihr Gegenüber professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen

Falls Sie sich betroffen fühlen oder sich Sorgen um eine Person in ihrem nahen Umfeld machen, ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Besonders wichtig ist das, wenn Sie das Gefühl haben, dass die Gesundheit des Betroffenen gefährdet ist.

Sport tut gut, aber auch wichtig ist, dass sie ein gesundes und ausbalanciertes Verhältnis zum Sport und Ihrem Körper pflegen.

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